Withdrawal of the beneficiary in a private foundation after divorce
Entzug der Begünstigtenstellung (Privatstiftung) nach Scheidung
Die alleinige Änderung der Stiftungskurkunde durch einen Stifter, die laut Stiftungsurkunde nur gemeinsam mit einer anderen Person vorgenommen werden kann, ist unzulässig. Die Zustimmung der anderen Person hat, ebenso wie eine nachträgliche Genehmigung der Änderung, zeitnah zu erfolgen. Der Entzug der Begünstigtenstellung der Ehefrau und der Kinder nach einer Scheidung kann rechtsmissbräuchlich und unwirksam sein.
OGH 15.07.2015, 3 Ob 96/15m
The sole amendment of the foundation certificate by a founder, which can only be carried out jointly with another person, is not permitted. The consent of the other person shall be given, such as a subsequent approval of the amendment in a timely manner.
The withdrawal of the beneficiary of the wife and children after a divorce may be legally abusive and ineffective.
Mit seiner Entscheidung vom 27.02.2017 zu GZ 6 Ob 122/16h hat der Oberste Gerichtshof gleich mehrere stiftungsrechtliche Fragestellungen beantwortet, die für die Praxis im Hinblick auf die Änderung von Stiftungsurkunden von großem Interesse sind. Entscheidungsgegenständlich waren zwei Privatstiftungen, die von einem Ehepaar gemeinsam mit einer von dem Paar gegründeten GmbH errichtet wurden.
Im Rahmen der Errichtung der Privatstiftungen behielt sich der Ehegatte das alleinige Änderungsrecht der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatzurkunde vor, der GmbH sollte dieses Recht erst nach seinem Ableben zukommen. Diese Bestimmung wurde vom Ehegatten in weiterer Folge dahingehend geändert, dass Änderungen der Stiftungserklärung nur gemeinsam mit der GmbH erfolgen können. Später ändere er dies alleine wieder, sodass das Änderungsrecht der GmbH ruhen sollte, solange er lebt und geschäftsfähig ist.
Mit weiteren Änderungen der Stiftungsurkunde wurde nach seiner Scheidung von ihm alleine vor allem auch noch die Begünstigtenstellungen der Ehegattin sowie der gemeinsamen Kinder beseitigt. Erst über zwei Jahre nach der Beseitigung der Begünstigtenstellung wurde die Stiftungserklärung neu gefasst, wobei die Stiftergesellschaft diese Neufassung der Stiftungserklärung „vorsichtshalber“ miterrichtete.
Zentral im Rechtsstreit war die Frage, ob die Änderungen der Stiftungserklärungen auch ohne Mitwirkung der GmbH wirksam erfolgt sind. Der Oberste Gerichtshof beantwortete in diesem Zusammenhang erstmals die Frage, wann eine „gemeinsame“ Änderung der Stiftungsurkunde erfolgt: „Gemeinsam“ bedeutet vor allem „einstimmig“, es ist aber nicht erforderlich, dass eine gemeinschaftliche Urkunde erstellt wird, es genügt vielmehr, dass eine Mehrzahl von übereinstimmenden Willenserklärungen einen einheitlichen Vorgang bildet. Dies hat aber in einem engen zeitlichen Zusammenhang (maximal einige Tage) zu erfolgen. Dieser zeitliche Zusammenhang war im konkreten Fall nicht gegeben, weshalb die Änderung der Stiftungserklärungen nicht wirksam erfolgte. Der Oberste Gerichtshof hielt auch ausdrücklich fest, dass die durchgeführte „Neufassung“ auf vergangene Änderungen nicht durchschlagen konnte. Auch eine nachträgliche Genehmigung schied nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes mangels zeitnahen gemeinsamen Handelns aus.
Um auch zukünftige Änderungen der Stiftungsurkunde zu ihrem Nachteil zu verhindern, berief sich die Ehegattin in dem Rechtsstreit auch auf die Treuepflicht zwischen den Stiftern und machte geltend, dass ihr Ex-Gatte rechtsmissbräuchlich und schikanös gehandelt habe. Der Oberste Gerichtshof hatte zu dieser Thematik bereits in seiner Entscheidung vom 09.03.2006 (6Ob166/05p) ausgesprochen, dass mehrere Mitsitfter grundsätzlich eine wechselseitige Treuepflicht treffen könne, aus der sich im Einzelfall auch eine Pflicht zur Änderung der Stiftungserklärung ergeben könne; Inhalt und Grenzen der Treuepflicht richten sich dabei nach dem Stiftungszweck und den, den Mitstiftern zustehenden Einwirkungsmöglichkeiten.
Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn unlautere Motive der Rechtsausübung die lauteren Motive eindeutig überwiegen oder wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigene Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein ganz krasses Missverhältnis besteht. Im konkreten Fall bestand nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes ein derartiges ganz krasses Missverhältnis zwischen den vom Ehegatten verfolgten eigenen Interessen („Schutz seines Lebenswerkes“) und den beeinträchtigten Interessen der Ehegattin und ihrer Kinder (Verlust der Begünstigtenstellung); der Oberste Gerichtshof vertrat dabei die Ansicht, dass die Vorgehensweise des Ehegatten „ganz offensichtlich einer Art Bestrafung“ diente. So kam der Oberste Gerichtshof zu dem Schluss, dass der Entzug der Begünstigtenstellung rechtsmissbräuchlich und unwirksam war, stellte die Unwirksamkeit der Änderungen der Stiftungsurkunden sowie die Begünstigtenstellung der Ehegattin fest und spracht aus, dass Änderungen der Stiftungsurkunde (und Stiftungszusatzurkunde) hinsichtlich ihres Zwecks der Versorgung der Ehegattin als Begünstigte zu unterlassen sind.